"Bei meinem nächsten Besuch bringe ich ihn mit..."
Prinzipiell gehe ich mit Versprechen eher verhalten um. Ich vergebe sie nur dann, wenn ich mir sicher bin, sie einhalten zu können. Auch in diesem Fall war es nicht anders. Zumindest aus meiner Sicht.
Gegen Ende der Veranstaltung war ein lebendiger und leidenschaftlicher Austausch mit meinem Publikum entstanden. Die entwaffnende Direktheit faszinierte mich einmal mehr, denn ich befand mich unter Menschen, die vor allem im Sehen, einige auch im Hören, starke Defizite auszugleichen hatten. Zu Beginn hatten wir aber bereits alles technische dahingehend eingerichtet, dass keiner der Anwesenden ausgegrenzt wurde. Es hagelte Fragen, die ich zur Zufriedenheit beantworten konnte.
Im Zentrum des Interesses stand, wie so oft, Kai Uwe. Ich erzählte ihnen von unserer Begegnung im Oktober des Vorjahres und dem Vorhaben, gegen Jahresende eine Podiumsdiskussion in einer Pflegeeinrichtung, nahe Meran, zu organisieren. Eine Veranstaltung, an dem eindrücklich der Wert der Pflege und der Wert der Zeit für Patienten im Fokus stehen wird. Ich konnte die Freude und Begeisterung, die den Raum erfüllte, förmlich spüren. “Glauben Sie, er würde auch auf einen kleinen Besuch zu uns kommen?” Die Augen der Frau leuchteten und die Anspannung, die ihr die Frage abverlangt hatte, stand ihr ins Gesicht geschrieben. “Ich frage ihn”, antwortete ich und schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln, “aber so wie ich ihn einschätze, bin ich mir ziemlich sicher, dass er diesem Wunsch sehr gerne nachkommt.”
Das Vertrauen in meine Gefühle täuscht mich selten. Kai Uwe fühlte sich geehrt und bat mich die Menschen zu grüßen und ihnen mitzuteilen, dass unser gemeinsamer Besuch auf seiner ToDo Liste für Südtirol ganz oben steht. Uns beiden war bewusst, wie viel Freude diese positive Botschaft in die Herzen der Menschen in dieser Einrichtung bringt. Das war am 4. März. Wie hätte ich ahnen sollen, dass am 16. März, gerade einmal 12 Tage später, mein Versprechen auf tragische Weise vereitelt und somit für immer uneinlösbar bleiben wird?
Sie werden es verstehen, natürlich, daran zweifle ich nicht. Und sie werden genauso traurig sein, sich Fragen stellen, auf die es keine Antworten gibt, so wie ich es auch getan habe. Ich weiß noch nicht genau, was ich ihnen sagen werde, aber die Essenz könnte sein:
“Wenn dir das Leben einen besonderen Menschen schenkt, dann frage dich nicht, wie lange es halten wird, sondern genieße jeden Moment, ohne an das Morgen zu denken.”