"Hast du dann auch dieses helle Licht gesehen...?"
Es ist mit Sicherheit die am häufigsten gestellte Frage, die man als ehemalige(r) Patient(in) nach einer kürzeren oder auch längeren Koma-Phase beantwortet.
Unlängst ergab sich diese Situation auch für mich wieder einmal, im Gespräch mit einem überaus sympathischen Mann. Ich kannte ihn bis dato zwar nicht näher, wusste aber, dass er seine Glaubensgesinnung als berufsmäßigen Broterwerb gewählt hatte. Sein Interesse an meiner Geschichte und der damit verbundenen Erfahrung war ehrlich und aufrichtig, deshalb bereitete es mir auch Freude, mich mit ihm darüber auszutauschen. Ich bemerke generell ziemlich schnell, ob das geäußerte Interesse echt ist und Tiefgang wünscht bzw. zulässt, oder ob Höflichkeitsfloskeln den Gesprächsverlauf leiten. Ist letzteres der Fall, beende ich die Unterhaltung oder lenke sie inhaltlich in eine andere Richtung. Zudem erschien mir einleuchtend, dass die Thematik für ihn als Seelenhirte allein berufsbedingt spannend ist. Mein Gefühl täuschte mich nicht, und so verlief das Gespräch für uns beide ebenso lebendig wie bereichernd.
Als ehemalige Patientin mit diesen Erfahrungswerten fasziniert mich an dieser Frage vor allem die Erwartungshaltung, die Menschen mit diesem vielbesagten und oft erwähnten hellen Licht verbinden. Ist es der sogenannte Blick in die Ewigkeit, der dieser hellen, warmen Lichtquelle angedeutet wird? Licht und Wärme stehen für Wohlbehagen, besonders Licht wird automatisch mit Hoffnung verknüpft, während der Dunkelheit eher Gefühle von Verlassenheit oder Kälte angehaftet werden. Dabei können Lichtquellen durchaus auch kalt sein. Niemand wird behaupten, beim Anblick eines Vollmondes das Gefühl von Wärme vermelden zu können. Auch die grellen Lampen in einem Operationssaal verleihen niemandem ein Gefühl von Geborgenheit. Dennoch können wir uns der Anziehungskraft von Licht nur schwer entziehen.
Was genau aber erwarten wir uns hinter diesem hellen Licht? Wo Licht ist, ist auch Hoffnung, so, oder zumindest ähnlich, lautet ein bekanntes Zitat. Welche Hoffnung damit genau gemeint ist, behielt der Urheber für sich, oder aber, er möchte es jedem selbst überlassen, seine Schlüsse daraus zu ziehen.
Ich ernte oft fragende Blicke, wenn ich erwähne, dass ich meine Koma-Erfahrung heute als Privileg deute. Aber es stimmt. Immerhin hat es mir mein universelles Bewusstsein offenbart, wofür ich unendlich dankbar bin. Das besagte helle Licht war hierfür gar nicht nötig. Diese Erfahrung schätze ich umso mehr, weil es mich heute alles in seinem wahren und ganzheitlichen Zusammenhang sehen lässt.