Magdalena

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Eine ebenso unerwartete, wenn auch völlig andere aber nicht weniger berührende, Begegnung durfte ich ja schon am Abend zuvor erleben. In der Stadtbücherei Deizisau, die bis auf den letzten Platz besetzt war und den vielen Besuchern kaum Platz bot. Die Frau mit den schwarzen kürzeren Haaren, die - unter zahlreichen anderen - zu mir kam, um ein Buch signieren zu lassen, erkannte ich sofort. Sie wollte sich zwar vorstellen, aber das war unnötig. Ich wusste, wer sie war. Magdalena, Helmuts Stiefschwester und meine ehemalige Schwägerin. Ja, es war ein merkwürdiges Gefühl, das gebe ich unumwunden zu. Aber es ist weder eine Lüge noch geheuchelt, wenn ich sage, dass ich mich über ihre Teilnahme an meiner Veranstaltung und das unerwartete Wiedersehen nach einer gefühlten Ewigkeit wirklich gefreut habe. Warum auch nicht? Magda war mir gegenüber immer ein freundlicher, korrekter und unvoreingenommener Mensch. Was zwischen Helmut und mir vorgefallen ist, hat mit ihr überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil, ich bin überzeugt, sie weiß von alledem nicht einmal etwas. 

Als ich sie dann zu später Stunde zu ihrer Wohnung gefahren und mich von ihr verabschiedet habe, konnte ich ein weiteres, unverarbeitetes Kapitel abschließen. Noch Stunden zuvor, um die Mittagszeit, vor unserem ehemaligen Wohnhaus in Altbach und jenem seiner Eltern, überfiel mich ein unvorstellbar beklemmendes Gefühl. Ich meinte, ersticken zu müssen.  Als ich durch den Friedhof ging, in der Absicht das Grab meiner verstorbenen, einstigen Schwiegereltern zu besuchen, fühlte ich mich keine Spur besser. Eine Friedhofsbedienstete fragte mich, „Suchen Sie jemand bestimmtes?“ Ich drehte mich um, antwortete, „Nein, Dankeschön“, und verließ den Friedhof. Der fahle Beigeschmack - den auch ein großes Plakat am Dorfplatz, mit der Ankündigung zu meiner Lesung in Wernau, einige Tage später, nicht zu verdrängen vermochte – hielt sich beharrlich bis zum Abend. Diesem Abend, der auch eine Lehrstunde für mich war. Denn im Grunde weiß ich es ja. Abgeschlossen ist nur das, was aufgearbeitet wurde!  

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Kai Uwe

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Schwester Antje